Wir verschaffen uns Platz

Es wird enger in den Städten. Sie wachsen. Das spüren wir auch in Winterthur. Wir müssen bauen, wir müssen verdichten. Doch wir Menschen wollen nicht nur in Häusern wohnen und arbeiten, wir bewegen uns auch fort, gestalten unsere Freizeit vielfältig, wollen uns mit anderen Menschen in schöner Atmosphäre treffen.

Die Rolle des öffentlichen Raumes wird immer wichtiger, seine Existenz immer wertvoller. Freie Flächen dürfen nicht einfach verbaut, sondern müssen sinnvoll gestaltet und den Menschen zur Verfügung gestellt werden. Architekturbüros müssen bei der Planung von Gebäuden den Freiraum ebenso im Auge haben wie den Bau selbst.

Freiräume sind auch wichtig fürs Klima. Wir spüren am eigenen Leib, wie betonierte Häuserzeilen im Sommer die Hitze stauen, und wie wertvolles Regenwasser über versiegelte Böden rinnt und in der Kanalisation verschwindet – ein kühlendes Element und ein Speicher für Grünflächen geht der Stadt verloren.

Was aber ist der öffentliche Raum? Er ist der Raum, welcher der Öffentlichkeit gehört, uns allen. Dazu gehören auch die gigantischen Flächen, die der Autoverkehr für sich in Anspruch nimmt, laut und Abgas intensiv, und der Quartiere voneinander trennt. Flächen für Trottoirs, Spielplätze oder begrünte Kreisel erscheinen neben Verkehrsachsen und Parkplätzen wie Zwerge.

Natürlich soll der motorisierte Individualverkehr seinen Platz haben. Doch der begrenzte Raum stellt zu Recht dessen selbstverständliche Dominanz in Frage. Mit Tempo 30 verhindern wir ihn nicht, ermöglichen aber viele neue Begegnungsorte und einen klimafreundlichen Schritt. Von einer solchen Aufwertung werden wir im Herbst an der Stadthaustrasse profitieren.

Für jung und alt, die sich in dieser Stadt bewegen wollen, reicht ein Stadtpark oder ein Rosengarten nicht. Der nächtliche Ausgang verlagert sich zunehmend an Orte, die früher still waren: An die Steinberggasse oder vor die Musikschule am Rychenberg. Die Leidtragenden sind Anwohnerinnen und Anwohner. Sind die Strassen verkehrsberuhigt, oder an ausgewählten Orten sogar für den Privatverkehr gesperrt, entspannt sich die Lage: Der Raum kann von allen genutzt werden, die Menschen verteilen sich.

Platz ist für uns alle da – sofern wir den vorhandenen öffentlichen Raum neu denken. Die Stadtplanung hat damit begonnen, diesen Ansatz ins Zentrum zu stellen. Seien auch Sie Teil dieser spannenden Auseinandersetzung.

Christa Meier
Vorsteherin Departement Bau, Stadt Winterthur