Tage des Denkmals – Blick zurück, und Blick in die Zukunft
Die Europäischen Tage des Denkmals stehen vor der Tür. Sie setzen die Architekturgeschichte ins Zentrum und zeigen auf, wie die Gesellschaft die Baukultur, und umgekehrt die Baukultur unsere Gesellschaft geprägt hat. Wir erfahren, wie unsere Vorfahren einst wohnten, für welchen Stil eine Epoche steht und nach welchen Bedürfnissen unsere Siedlungen erbaut wurden. Dank der Denkmalpflege geht dies nicht vergessen. Der Schutz der Baukultur hat aber auch einen schweren Stand. So wird die Denkmalpflege nicht selten als Verhindererin verstanden, wenn innovative Bauprojekte und der Abriss von Altbauten auf dem Plan stehen. In solchen Situationen bedarf es einer sorgfältigen Abwägung der Interessen.
In jüngster Zeit ist ein weiteres Interesse dazugekommen: Das Bauen muss klimafreundlich erfolgen: Will heissen, wir müssen verdichten, Fassaden und Dächer dämmen, energiefressende Heizungen ersetzen und Solartechnologie nutzen und vieles mehr.
Da der Erhalt von bestehenden Bauten erwiesenermassen klimafreundlicher ist als ein Abriss und Neubau (der enorme Mengen an grauer Energie verursacht), hat der denkmalpflegerische Auftrag einen positiven Effekt auf das Netto-Null-Ziel. Alles, was erhalten bleibt, und «nur» energetisch sinnvoll saniert wird, ist gut fürs Klima. Natürlich gilt dies nicht in jedem Fall, es macht durchaus Sinn, innovative Neubauten zu fördern, wenn der Sanierungsbedarf bei Altbauten zu gross wird.
Die Stadtverwaltung besitzt einen Bruchteil des gesamten Gebäudebestands von Winterthur, und kann auf das klimafreundliche Bauen nur wenig direkten Einfluss nehmen. Etwa bei Schulhäusern, die heute multifunktional gebaut werden. Will heissen: Sie können in 30 Jahren je nach Bedarf auch anders und noch viele weitere Jahre genutzt werden. Auch der Erhalt von Siedlungen ist ein Thema, beispielsweise im Endliker, im Birchermüesliquartier oder im Grabenacker, wo aber auch innovative Veränderungen möglich sind und die gezielte Weiterentwicklung angestrebt wird.
Seien wir uns bewusst: Wir bauen heute die Zukunft. Und Jahrzehnte später wird die Denkmalpflege die Baukultur von heute beurteilen. So betrachtet ist die Denkmalpflege keineswegs eine verstaubte Instanz mit Blick in die Vergangenheit, sondern beschäftigt sich immer auch mit dem Zeitgeist von morgen.
Aber machen Sie sich selbst ein Bild. Denkmalpflege ist lebendiger als wir glauben.
Christa Meier
Vorsteherin Departement Bau und Mobilität, Stadt Winterthur