Vorweihnachtszeit ist Hygge-Zeit

Bald feiert die Schweiz Geburtstag. Sie haben richtig gelesen. Am 12. September 1848, vor 175 Jahren also, trat die Bundesverfassung in Kraft.

Ich kann das Identifikationsgefühl mit dem Mythos um den Rütlischwur am 1. August 1291 und die damit verbundene Einigkeit für eine starke und freie Schweiz nachvollziehen. Viel mehr verbindet mich aber mit der Bundesverfassung. Sie steht für eine moderne Schweiz, für Verbindlichkeit und Solidarität, während die Rütli-Legende ein Bild der Abschottung gegen fremde Mächte transportiert. Mit der Bundesverfassung richtete sich der Blick der Politik in die Zukunft. So ist im feierlichen Vorwort unter anderem zu lesen: …im Bestreben, den Bund zu erneuern, um Freiheit und Demokratie, Unabhängigkeit und Frieden in Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt zu stärken.» Mein liebster Satz lautet: «…dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht, und dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen.»

Das ist meine Schweiz. Sie übernimmt Verantwortung, setzt sich für Freiheit ein, zum Beispiel in Friedensgesprächen, mit Soforthilfe für Opfer von Unwettern in aller Welt, mit der Förderung von Innovationen für eine global nachhaltigere Wirtschaft, oder bei der Integration von Geflüchteten, die jenseits von demokratiefeindlichen Strukturen oder Klimakatastrophen eine Zukunft suchen.

Dass die Schweiz die Werte «Freiheit» und «Verantwortung» in einem funktionierenden Gleichgewicht zu halten vermag, zeigte sich in der Corona-Krise. Die Regierung hat sofort Verantwortung übernommen, aber auch ein Zeichen gesetzt für grösstmögliche Freiheit innerhalb der unvermeidbaren Einschränkungen. Dies war nicht überall der Fall, wie ein kurzer Blick ins benachbarte Ausland zeigte.

Den Balance-Akt zwischen Freiheit und Verantwortung muss aber nicht nur der Staat vollführen. Wir alle treffen Entscheidungen, welche die Interessen einer freien und starken Gesellschaft tangieren. Vielleicht weil wir ein öffentliches Amt bekleiden, unsere Nächsten (Familienmitglieder, Nachbarinnen, Arbeitskollegen) unterstützen, oder unser Konsumverhalten hinterfragen.

An 1.-August-Reden wird oft von der Freiheit gesprochen. Freiheit endet aber bekanntlich da, wo sie die Freiheit anderer tangiert. Darum heisst Freiheit auch Verantwortung. Insbesondere gegenüber den Schwächsten. Die Bundesverfassung trägt dieser Maxime Rechnung, und das macht mich stolz. Happy Birthday, meine Schweiz – unsere Schweiz!

Christa Meier
Vorsteherin Departement Bau, Stadt Winterthur