In der Ferne entdecken wir Naheliegendes

Kürzlich erzählte mir eine Bekannte, dass der Regen in Irland viel schöner sei als zu Hause. Nanu? Das muss wohl daran liegen, dass sie ihre Ferien in Irland verbringt und dem Tapetenwechsel freudig entspannt und grundsätzlich wohlgesinnt entgegenfiebert, selbst wenn es regnet.

Aber es hat was. Wir gehen oft in die Ferne, um uns inspirieren zu lassen, und betrachten vieles als Bereicherung – weil es eben nicht Alltag ist. Umso besser, wenn wir Erkenntnisse und Gelerntes mit nach Hause bringen, um damit auch unser alltägliches Leben zu verbessern. So geschehen dank einer Reise unserer Mitarbeitenden nach Barcelona, um das Projekt «Superblocks» – ja, tatsächlich wie der Name unseres Verwaltungsgebäudes – näher kennenzulernen. Dieses Projekt ist eine Strategie für klimaverträgliches Leben im öffentlichen, urbanen Raum. Die Idee ist, die Quartiere von motorisiertem Verkehr zu befreien, indem Gevierte innerhalb von 400 mal 400 Metern verkehrsberuhigt werden. Die Erschliessung erfolgt nur ausserhalb dieser Perimeter über die Hauptstrassen. Innerhalb kann sich die Lebensqualität entfalten, lärmbefreit, mit zusätzlicher, biodiverser Bepflanzung, und Platz für Spiel und Begegnung. 500 dieser Superblocks soll es geben, und damit eine Verkehrsberuhigung von 60 Prozent, wie sich die Stadtplanerinnen und Politiker versprechen. Barcelonas Ziel, die erste Post-Car-Metropole der Welt zu werden, ist ambitioniert. Und sehr inspirierend für andere Städte wie zum Beispiel Winterthur.

Da Winterthur nicht wie die katalanische Hauptstadt – und übrigens auch unsere Partnerstadt La-Chaux-de-Fonds – in Quadrat-Struktur erbaut ist, kann eine solche Idee nicht eins zu eins ausgestaltet werden. Aber der Grundgedanke wird nun auf den Prüfstein gestellt: Wir denken intensiv über die Inspiration aus der «Fremde» nach.

Reisen gibt uns die Möglichkeiten, Dinge neu zu denken. So werden meiner Bekannten die positiven Eigenschaften des Regens in der Ferne wieder einmal bewusst, nicht nur, wenn wir in den urbanen Hitzeinseln froh um das kühlende Nass sind. Neben kulinarischen Höhenflügen und neuen Bekanntschaften können wir zum Beispiel auch die Mobilität der Zukunft entdecken. In diesem Sinne: Geniessen Sie Ihre Sommerpause, lassen Sie sich in nah und fern inspirieren. Wer weiss, vielleicht bringen Sie eine Entdeckung mit, die uns auch in Winterthur von Nutzen sein kann.

Ich wünsche Ihnen schöne Ferien!

Christa Meier
Vorsteherin Departement Bau und Mobilität, Stadt Winterthur