Lokaljournalismus gehört zur Grundversorgung
Der fortlaufende Kahlschlag in der Medienlandschaft bereitet mir Sorgen. Regelmässig erfahren wir vom Stellenabbau in den Redaktionen. Zuletzt auch mit drohenden Konsequenzen für den Landboten, dem wichtigsten Publikationsorgan in Winterthur. Kann es tatsächlich sein, dass die Berichterstattung in unserer Grossstadt künftig ein stiefmütterliches Dasein fristet, wie viele befürchten?
Die Berichterstattung über das lokale und regionale Geschehen gehört zur Grundversorgung für die Meinungsbildung, für unsere Demokratie. Wer, wenn nicht die Lokalzeitung kann über Entscheide und Ereignisse vor unserer Haustür recherchieren und diese einordnen? Und damit dazu beitragen, dass wir wissen, worüber wir abstimmen, wenn es um den Bau eines zweiten Hallenbades, die Verwendung der Kulturgelder oder die Sanierung der Kehrichtverbrennung geht? Dies leistet nicht eine grosse nationale Zeitung, es braucht die Lokalpresse.
Gewiss, manchmal gefällt mir nicht alles, was dort geschrieben steht. Gerade der Stadtrat wird kritisch beleuchtet und mit bohrenden Fragen von Journalistinnen und Journalisten bedrängt. Das kann mich – als Vertreterin der Regierung – auch mal unter Druck setzen. Aber es ist die Aufgabe der Medien, die Macht zu hinterfragen und alle Perspektiven aus der politischen Debatte zu veranschaulichen. Wie sonst sollen sich die Menschen eine Meinung bilden? Auch die Berichte über das Leben in Winterthur und das vielseitige Angebot, an welchem wir teilnehmen, sind von unschätzbarem Wert.
Keinen Mehrwert hingegen bieten Artikel über meine Wohnungseinrichtung, wie auch schon geschehen. Und natürlich ärgere ich mich über solches Geschreibe. Sei’s drum. Es hindert mich nicht daran, eine Lanze zu brechen für die Stärkung des Lokaljournalismus, ob digital oder analog. Denn wir wollen keine Zustände wie in Ostdeutschland, wo in gewissen Regionen das eingetroffen ist, was wir hier fürchten: Die Lokalzeitungen sind eingegangen. Stattdessen haben rechtsextreme Bewegungen die Informationshoheit mit eigenen (Social Media-)Kanälen übernommen und heizen mit demokratiefeindlicher Propaganda die politische Stimmung an.
Als Bürgerin und als Politikerin ist es mein eindringlicher Wunsch, einerseits an die geschätzten Leserinnen und Leser, sich gut und breit über das Geschehen in unserer Stadt zu informieren, andererseits an die Medienhäuser, den Lokaljournalismus nicht der Konzernrendite zu opfern.
Christa Meier
Vorsteherin Departement Bau und Mobilität, Stadt Winterthur